Geschäftsnummer: VG.2016.00093 (VG.2017.590)
Instanz: K2
Entscheiddatum: 16.11.2017
Publiziert am: 24.11.2017
Aktualisiert am: 06.02.2019
Titel: Sozialversicherung - AHV

Resümee:

Sozialversicherungsbeiträge (Nachtragsverfügung): Umqualifikation von Dividenden in massgeblichen Lohn

Da nur Erwerbseinkommen, nicht aber Vermögensertrag beitragspflichtig ist, müssen bei der Beurteilung von Leistungen, welche eine Aktiengesellschaft an Personen ausrichtet, die zugleich Arbeitnehmer und Aktionäre sind, einerseits eine angemessene Entschädigung für die geleistete Arbeit und anderseits ein angemessener Vermögensertrag zugrunde gelegt werden, wobei die Gesellschaft einen erheblichen Ermessensspielraum hat. Von der durch die Gesellschaft gewählten Aufteilung weicht die Ausgleichskasse nur dann ab, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn sowie kumulativ zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht (E. II/3.3). Hinsichtlich der Frage, ob ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht, werden deklariertes AHV-Einkommen und branchenübliches Gehalt einerseits und Dividendenzahlung und Aktienwert anderseits zueinander in Beziehung gesetzt, um zu bestimmen, ob ein Teil der ausgeschütteten Dividende als beitragsrechtlich massgebendes Einkommen aufzurechnen ist (E. II/3.4).
Es bestehen keine genügend sachlichen Gründe für eine Abkehr von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bzw. vom Erfordernis des doppelten Missverhältnisses (E. II/4).
Die streitbetroffenen Löhne erweisen sich als offensichtlich missbräuchlich, weshalb eine Aufrechnung angezeigt ist. Die branchenüblichen Löhne von Dr. C.______ wurden von der Beschwerdegegnerin dabei allerdings zu hoch bemessen, was zu korrigieren ist (E. II/5).
Hinsichtlich des zweiten Erfordernisses bleibt zu Recht unbestritten, dass die zur Diskussion stehenden Kapitalrenditen im Verhältnis zum effektiven wirtschaftlichen Wert der Aktien in den Jahren 2009 und 2010 über 10 % lagen, was für vermutungsweise für überhöhte Dividenden spricht (E. II/6.2).

Teilweise Gutheissung der Beschwerde.

Die gegen diesen Entscheid erhobenen Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten wurden durch das Bundesgericht am 24. Januar 2019 abgewiesen (Urteile 9C_4/2018 und 9C_18/2018).
 

 

 

 

VERWALTUNGSGERICHT DES KANTONS GLARUS

 

 

 

Urteil vom 16. November 2017

 

 

II. Kammer

 

 

in Sachen

VG.2016.00093

 

 

 

A.______ AG

Beschwerdeführerin

 

vertreten durch Rechtsanwalt B.______

 

 

 

gegen

 

 

 

medisuisse

Beschwerdegegnerin

 

 

betreffend

 

 

Sozialversicherungsbeiträge (Nachtragsverfügungen)

 

Die Kammer zieht in Erwägung:

I.

1.

Die A.______ AG ist seit dem […] im Handelsregister des Kantons Glarus eingetragen und der medisuisse als beitragspflichtige Arbeitgeberin angeschlossen. Die Gesellschaft bezweckt das Führen einer Gemeinschaftspraxis nach den Standesregeln der Ärztegesellschaft des Kantons Glarus. Sie kann andere Geschäfte durchführen, sich an Unternehmen beteiligen sowie finanzielle Transaktionen tätigen, die direkt oder indirekt im Zusammenhang mit dem Gesellschaftszweck stehen. Dr. C.______, Facharzt FMH für […], und Dr. D.______, Facharzt FMH für […], sind Arbeitnehmer der A.______ AG, fungieren gleichzeitig als einzelzeichnungsberechtigte Gesellschafter und halten je 50 % des Aktienkapitals.

 

2.

2.1 Die A.______ AG rechnete im Jahr 2009 für die Dres. C.______ und D.______ einen AHV-Lohn von je Fr. […] ab. Im Jahr 2010 wies sie für Dr. C.______ erneut einen jährlichen AHV-Lohn in der Höhe von Fr. […], für Dr. D.______ einen solchen in der Höhe von Fr. […] aus. Darüber hinaus schüttete ihnen die Gesellschaft 2009 sowie 2010 je eine jährliche Bruttodividende in der Höhe von Fr. […] (gesamthaft pro Person Fr. […]) aus.

 

2.2 Am 8. Juni 2012 führte die Revisionsstelle der Ausgleichskassen bei der A.______ AG für die Periode vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2011 eine Arbeitgeberkontrolle durch. Gestützt darauf gelangte die medisuisse zum Schluss, dass die 2009 und 2010 an die Dres. C.______ und D.______ ausbezahlten Löhne unangemessen gewesen seien und ein Missverhältnis zwischen dem in die Gesellschaft eingebrachten Vermögen sowie der erzielten Dividenden bestanden habe. Sie erachtete für die Dres. C.______ und D.______ ein Jahresgehalt von je Fr. […] als angemessen, nahm für Dr. C.______ 2009 und 2010 je eine Lohnaufrechnung in der Höhe von Fr. 56'000.- sowie für Dr. D.______ 2009 eine solche von Fr. 56'000.- und 2010 eine solche in der Höhe von Fr. 65'201.- (gesamthaft Fr. 233'201.-) vor und verpflichtete die A.______ AG mit Verfügungen vom 29. Dezember 2014 zur Nachzahlung von paritätischen Beiträgen (AHV/IV/EO, FAK) samt Verwaltungskosten und Verzugszinsen im Gesamtbetrag von Fr. 27'315.20.

 

2.3 Gegen die Verfügungen vom 29. Dezember 2014 erhob die A.______ AG am 2. Februar 2015 Einsprache und beantragte deren Aufhebung. Auf eine teilweise Umqualifikation der Dividenden in Lohnbestandteile sei zu verzichten. Am 29. Juli 2016 hiess die medisuisse die Einsprache teilweise gut. Sie erhöhte die Lohnaufrechnung für Dr. C.______ im Jahr 2009 auf Fr. 60'143.- und reduzierte diejenige für 2010 auf Fr. 23'257.-. Für Dr. D.______ reduzierte sie die Lohnaufrechnungen 2009 auf Fr. 32'800.- und 2010 auf Fr. 23'257.-. Damit betrug die gesamthaft vorgenommenen Lohnaufrechnungen für die Dres. C.______ und D.______ für die Jahre 2009 und 2010 noch Fr. 139'457.-.

 

3.

3.1 Die A.______ AG gelangte mit Beschwerde vom 2. September 2016 ans Verwaltungsgericht und beantragte die Aufhebung des Einspracheentscheids vom 29. Juli 2016 sowie der Verfügungen vom 29. Dezember 2014. Von der teilweisen Umqualifikation der Dividenden in Lohnbestandteile sei abzusehen; unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Die medisuisse beantragte am 2. Dezember 2016 im Sinne einer reformatio in peius, dass für Dr. D.______ für das Jahr 2009 ein Betrag in der Höhe von Fr. 60'143.- als Lohnbestandteil aufzurechnen sei. Im Übrigen sei die Beschwerde abzuweisen. Eventualiter sei die Beschwerde ganz abzuweisen und der Einspracheentscheid vom 29. Juli 2016 sei zu bestätigen.

 

3.2 Die A.______ AG hielt in ihrer Replik vom 22. Februar 2017 an ihren Rechtsbegehren ebenso fest, wie die medisuisse am 28. April 2017 an den ihrigen. Am 30. Mai 2017 nahm die A.______ AG zur Duplik der medisuisse Stellung und hielt erneut an ihrer Beschwerde fest. Die medisuisse liess sich am 12. Juni 2017 vernehmen und erneuerte ihre Rechtsbegehren.

 

3.3 Das Verwaltungsgericht edierte am 11. Juli 2017 die Steuerakten der A.______ AG für die Jahre 2008 bis 2011.

 

3.4 Am 20. Juli 2017 forderte das Verwaltungsgericht die A.______ AG zur Beantwortung von zwei Fragen und zur Einreichung weiterer Akten auf. Dem kam die A.______ AG am 14. September 2017 nach.

 

II.

1.

1.1 Gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 20. Dezember 1946 (AHVG) i.V.m. Art. 58 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) ist für sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten grundsätzlich das Gericht desjenigen Kantons zuständig, in dem die versicherte Person oder der Beschwerde führende Dritte zur Zeit der Beschwerdeerhebung Wohnsitz hat.

 

1.2 Vorliegend ist kein Entscheid einer kantonalen Ausgleichskasse angefochten, weshalb die Ausnahmeregelung gemäss Art. 84 AHVG, wonach das Gericht am Ort der Ausgleichskasse zuständig ist, nicht zur Anwendung kommt. Folglich ist nach dem oben Dargelegten das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus für die Behandlung der vorliegenden Beschwerde zuständig, weil die Beschwerdeführerin ihr Domizil im Kanton Glarus hat. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.

 

2.

2.1 Die Beschwerdegegnerin bringt insbesondere vor, bei der Prüfung der (teilweisen) Umqualifikation einer Dividende in massgeblichen Lohn sei auf das Erfordernis des offensichtlichen Missverhältnisses zwischen Arbeitsleistung und Lohn zu verzichten. Das Kriterium sei gänzlich unpraktikabel und verunmögliche eine rechtsgleiche Behandlung der Beitragspflichtigen. Dies sei insbesondere bei einer Gesellschaft der Fall, die von eigenen Arbeitnehmern beherrscht werde, welche in einem freien Beruf für die Gesellschaft tätig seien. Bei solchen Personen werde aufgrund untauglicher statistischer Grundlagen ein viel zu tiefes Einkommen fingiert, wodurch Dividenden dem Vermögensertrag zugewiesen würden, welche eigentlich AHV-pflichtiger Lohn seien. Demgemäss sei im vorliegenden Fall einzig relevant, dass die in den Jahren 2009 und 2010 an die Dres. C.______ und D.______ ausgerichteten Dividenden überhöht seien bzw. über 10 % der Eigenkapitalrendite ausmachen würden. Folglich sei der darüber hinausgehende Dividendenanteil als massgeblicher Lohn zu qualifizieren und darauf paritätische Beiträge zu entrichten.

 

2.2 Die Beschwerdeführerin ist hingegen der Ansicht, die Beschwerdegegnerin verfolge zu Unrecht einen eigenen Ansatz und benachteilige mit ihrem Vorgehen einzelne Arbeitnehmer mit Beteiligungsrechten. Es sei nicht rechtens, wenn einzig auf die erfolgreiche Positionierung einer Gesellschaft bzw. auf das Missverhältnis zwischen eingesetztem Kapital und ausbezahlter Dividende abgestellt werde. So sei auch die Angemessenheit des Jahreseinkommens zu berücksichtigen, wobei die von der Beschwerdegegnerin beabsichtigte Praxisverschärfung in die falsche Richtung ziele und zu unbilligen Resultaten führe. Des Weiteren könne man sich bei der Beurteilung eines branchenüblichen Lohns nicht auf eine von der Beschwerdegegnerin in Auftrag gegebene Studie stützen, wovon letztlich auch diese selbst ausgegangen sei. Die Studie sei auf den vorliegenden Sachverhalt bezogen nämlich weder geeignet noch statistisch relevant. Auch der von ihr angenommene jährliche Medianlohn in der Höhe von Fr. […] werde der Sache nicht gerecht und erweise sich als überhöht. Sodann habe sie zwar auf den bundesgerichtlich anerkannten individuellen Lohnrechner des Bundesamts für Statistik "Salarium" verwiesen, dessen Anwendbarkeit aber ohne erkennbare Gründe in der Folge verworfen. Gerade diese Berechnungsmethode zeige jedoch, dass die streitbetroffenen Lohnzahlungen nicht missbräuchlich gewesen seien. Ferner sei es nur eine widerlegbare Vermutung, dass eine jährliche Dividende überhöht sei, falls sie höher als 10% der Eigenkapitalrendite sei. Hinzu komme, dass die ausbezahlten Dividenden nicht gänzlich aus dem Vorjahresgewinn ausgeschüttet worden seien. Ein Teil habe nicht zur Wertschöpfung beigetragen und stelle somit Substanzdividende dar. Dieser Teil sei nicht als massgeblicher Lohn zu qualifizieren.

 

3.

3.1 Vergütungen, welche als reiner Kapitalertrag zu betrachten sind, gehören nicht zum massgebenden Lohn. Ob dies zutrifft, unterliegt einer Einzelfallbeurteilung, wobei die rechtliche oder wirtschaftliche Bezeichnung der Vergütung nicht entscheidend und höchstens als Indiz zu werten ist. Unter Umständen können aber auch Zuwendungen aus dem Reingewinn einer Aktiengesellschaft beitragsrechtlich massgebender Lohn sein, was gemäss Art. 7 lit. h der Verordnung über die Alters- und Hinterlassenenversicherung vom 31. Oktober 1947 (AHVV) beispielsweise für Tantiemen gilt, welche ihren Grund im Arbeitsverhältnis haben. Zuwendungen, die nicht durch das Arbeitsverhältnis gerechtfertigt sind, gehören hingegen nicht zum massgebenden Lohn, sondern sind Gewinnausschüttungen, welche eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern ohne entsprechende Gegenleistung zuwendet, unbeteiligten Dritten unter den gleichen Umständen aber nicht erbringen würde (BGE 141 V 634 E. 2.2).

 

3.2 Praxisgemäss ist es Sache der Ausgleichskassen, selbstständig zu beurteilen, ob ein Einkommensbestandteil als massgebender Lohn oder als Kapitalertrag zu qualifizieren ist. Der in Art. 23 AHVV enthaltenen Ordnung entspricht es allerdings, dass sich die Ausgleichskassen in der Regel an die steuerrechtliche Betrachtungsweise halten. Soweit es vertretbar ist, soll eine verschiedene Betrachtungsweise der Steuerbehörde und der AHV-Verwaltung vermieden werden, dies um der Einheit und Widerspruchslosigkeit der gesamten Rechtsordnung willen. Die Parallelität zwischen sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Qualifikation ist nicht leichthin preiszugeben (BGE 141 V 634 E. 2.5, BGer-Urteil 9C_733/2015 vom 14. April 2016 E. 3.5).

 

3.3 Da nur Erwerbseinkommen, nicht aber Vermögensertrag beitragspflichtig ist, müssen bei der Beurteilung von Leistungen, welche eine Aktiengesellschaft an Personen ausrichtet, die zugleich Arbeitnehmer und Aktionäre sind, einerseits eine angemessene Entschädigung für die geleistete Arbeit und anderseits ein angemessener Vermögensertrag zugrunde gelegt werden, wobei die Gesellschaft einen erheblichen Ermessensspielraum hat. Von der durch die Gesellschaft gewählten Aufteilung weichen die Steuerbehörde und folglich auch die Ausgleichskasse (vgl. vorstehende E. 3.2) nur dann ab, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn sowie kumulativ zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht. Dabei ist auf einen Drittvergleich abzustellen bzw. es ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Faktoren die gleiche Leistung auch einem aussenstehenden Dritten erbracht worden wäre (BGE 141 V 634 E. 2.2.1).

 

3.4 Hinsichtlich der Frage, ob ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Lohn bzw. zwischen eingesetztem Vermögen und Dividende besteht, werden deklariertes AHV-Einkommen und branchenübliches Gehalt einerseits und Dividendenzahlung und Aktienwert anderseits zueinander in Beziehung gesetzt, um zu bestimmen, ob ein Teil der ausgeschütteten Dividende als beitragsrechtlich massgebendes Einkommen aufzurechnen ist (vgl. die vom Bundesgericht korrigierte "Nidwaldner Praxis" in BGE 134 V 297 E. 2.8, bestätigt in BGE 141 V 634 E. 2.2.2; vgl. auch Bundesamt für Sozialversicherungen, Wegleitung über den massgebenden Lohn in der AHV, IV und EO [WML], gültig ab 1. Januar 2008, Stand 1. Januar 2017, Rz. 2010 ff.)

 

4.

4.1 Indem die Beschwerdegegnerin hinsichtlich einer möglichen Umqualifikation der streitbetroffenen Dividenden auf das Erfordernis des doppelten Missverhältnisses verzichten will, zielt sie im Ergebnis auf eine Änderung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ab. Eine solche ist nicht leichthin anzunehmen und sie ist nur dann zulässig und nicht willkürlich, wenn sie sich auf sachlich haltbare Gründe stützen lässt (statt vieler BGer-Urteil 5A_890/2013 vom 22.05.2014 E. 4.5). Hinzu kommt, dass das Gericht nicht ohne triftige Gründe von Verwaltungsweisungen, zu welchen die WML des BSV gehört, abweicht (BGE 133 V 394 E. 3.3).

 

4.2

4.2.1 Bevor einer Dividende ganz oder teilweise Lohncharakter zugebilligt wird, ist sorgfältig abzuklären, ob die geldwerte Leistung ihre Begründung im Arbeitsverhältnis oder im Gesellschaftsverhältnis findet. Von der durch die Gesellschaft vorgenommenen Aufteilung zwischen Lohn und geldwerter Leistung soll nur dann abgewichen werden, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt bzw. eingesetztem Vermögen und Dividende besteht. Rechtssystematisch geht es um die Begründung einer Ausnahme gegen den klaren Wortlaut des Gesetzes. Eine Dividende ist Vermögensertrag und darf nur unter einschränkenden Bedingungen – d.h. im Missbrauchsfall – zu Lohn umqualifiziert werden. Die einschränkende Praxis nimmt damit Umgehungstatbestände ins Visier, nicht aber generell die unternehmerische Freiheit zur Bestimmung der Bezüge (vgl. Orlando Rabaglio, Dividende statt Lohn: Ist die AHV-Verwaltungspraxis noch rechtmässig?, in TREX 2015/2, S. 102 ff., 104, mit Hinweisen).

 

4.2.2 Die Kriterien sind somit insgesamt nichts anderes als Konkretisierungen des allgemeinen Tatbestands der Beitragsumgehung. Da eine solche anzunehmen ist, wenn der Lohn unangemessen niedrig ist und es für ihn keinen anderen Grund gibt als die beabsichtigte Beitragsersparnis, erhellt bereits, dass für eine möglichen Umqualifizierung von Dividenden nicht nur ihre Höhe massgebend sein kann, sondern auch ein unangemessen niedriger Lohn vorliegen muss, ansonsten nicht auf eine Beitragsumgehung geschlossen werden darf. Sodann würde der Ansatz der Beschwerdegegnerin im Ergebnis dazu führen, die bundesgerichtliche Argumentation umzudrehen. So würde man in erster Linie nämlich nicht nach der Erwerbstätigkeit und deren angemessener Entschädigung fragen, sondern vom Gewinn der Gesellschaft herkommen und feststellen, dass der Lohn zu niedrig sei, weil der ausgeschüttete Gewinn als zu hoch erscheint (vgl. Orlando Rabaglio, Wenn die Dividende bei der AHV zu Lohn wird: Klärender Entscheid des Bundesgerichts, in TREX 2015/4, S. 206 ff., 242). Eine Folge davon wäre, dass mutmasslich überhöhte Dividenden selbst bei einem branchenüblichen Lohn ganz oder teilweise umqualifiziert würden, obschon keine Beitragsumgehung vorliegt. Dies mutet willkürlich an und schränkt die unternehmerische Freiheit zur Bestimmung der Bezüge massiv ein (gleicher Meinung Orlando Rabaglio, Dividende statt Lohn: Ist die AHV-Verwaltungspraxis noch rechtmässig?, in TREX 2015/2, S. 102 ff., 104). Ferner erscheint die beabsichtigte Praxisänderung der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf eine rechtgleiche Behandlung der Beitragspflichtigen (Art. 8 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 [BV]) als nicht unproblematisch, da bei einzelnen Beitragspflichtigen auf das doppelte Missverhältnis verzichtet würde, bei anderen hingegen nicht. Diesbezüglich trägt die Praxis des Bundesgerichts, namentlich, dass stets eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist, dem Grundsatz der Rechtsgleichheit, wonach Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich zu behandeln ist (BGE 136 I 17 E. 5.3), besser Rechnung. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass bei einzelnen Berufen offenbar keine geeignete statistische Grundlage für die Festlegung eines branchenüblichen Lohns zur Verfügung steht. So zielt die vom Bundesgericht postulierte Einzelfallprüfung gerade darauf ab, neben den statistischen Grundlagen sämtliche weiteren geeigneten Merkmale beizuziehen, die der Festlegung eines branchenüblichen Lohns dienen. Im Übrigen ist zu erwähnen, dass die Frage der (teilweise) Umqualifizierung von Dividenden in AHV-pflichtigen Lohn bereits Thema der politischen Debatte war (vgl. etwa die von Ruth Humbel am 19. September 2013 eingereichte Motion [Nr. 13.3748] oder das am 26. September 2013 von Andy Tschümperlin eingereichte Postulat [Nr. 13.3853], beide abrufbar unter: https://www.parlament.ch). Der Bundesrat brachte dazu vor, dass die Auswirkungen der Unternehmenssteuerreform II auf die AHV stets bekannt gewesen seien. Der Vorschlag, wonach Dividenden über 10 % des Unternehmenssteuergewinns generell als überhöht gelten sollten und deshalb in Lohn umzuqualifizieren sowie darauf Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien, führe zu einer Abkehr vom bisherigen System. Dadurch unterläge nicht nur der massgebende Lohn, sondern auch der Vermögensertrag ab einer gewissen Grenze der Beitragspflicht, was einer neuen Steuer gleichkäme und insbesondere ertragsstarke Unternehmen, die trotz branchenüblicher und somit korrekter Löhne hohe Dividenden ausschütten, pönalisiere (vgl. dazu die Stellungnahme zur Motion "Humbel" vom 6. Dezember 2013, abrufbar unter: https://www.parlament.ch).

 

4.3 Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass keine genügend sachlichen Gründe für eine Abkehr vom Erfordernis des doppelten Missverhältnisses bestehen und solche von der Beschwerdegegnerin nicht substantiiert dargelegt werden. Es ist somit nicht von einer Einzelfallprüfung abzusehen, wobei bei der wirtschaftlich angemessenen Lohnhöhe anzusetzen ist. Die mutmasslich überhöhte Dividende bietet demgegenüber bestenfalls ein Anhaltspunkt, dass der Lohn zu Gunsten der Dividende niedrig gehalten wurde.

 

5.

5.1 Bei der Beurteilung, ob eine angemessene Entschädigung für die geleistete Arbeit ausgerichtet worden ist, sind verschiedene Anhaltspunkte hilfreich. Das BSV nennt in einem nicht abschliessenden Katalog das Pflichtenheft, den Verantwortungsgrad, das Einbringen von Know-How, besondere Erfahrungen, Branchenkenntnis, die Art der Tätigkeit, den Vergleich des aktuell ausbezahlten Lohns mit dem in den Vorjahren ausgerichteten durchschnittlichen Lohn, die generelle Lohnentwicklung im Unternehmen, den Beschäftigungsgrad, den Lohnrechner des Bundesamtes für Statistik (Salarium) sowie den Vergleich mit den an nichtmitarbeitende Personen mit Beteiligungsrechten ausgeschütteten Gewinnanteilen oder denjenigen mit den Löhnen von Arbeitnehmenden ohne gesellschaftliche Beteiligung (vgl. WML, Rz. 2011.5).

 

5.2 Die Beschwerdegegnerin stützte sich bei der Ermittlung des branchenüblichen Lohns auf die im Jahr 2009 erstellte Studie der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (vgl. Kilian Künzi/Silvia Strub/Désirée Stocker, Erhebung der Einkommensverhältnisse der berufstätigen Ärzteschaft in: Schweizerische Ärztezeitung, 2011, S. 1361 ff; [nachfolgend: FMH-Studie]), welche eine Auswertung der von ihr im Jahr 2009 gesammelten Daten darstellt, in denen das AHV-pflichtige Jahreseinkommen aus der freien Praxistätigkeit der angeschlossenen Ärztinnen und Ärzte erfasst wurde. In der Studie wird allerdings ausdrücklich festgehalten, dass sich das AHV-pflichtige Jahreseinkommen aus der freien Praxistätigkeit nicht direkt mit dem Bruttolohn von Unselbständigerwerbenden vergleichen lasse (vgl. Definition des AHV-pflichtigen Einkommens, S. 1372 der FMH-Studie). Sodann seien die Resultate der Einkommensstudie zwar schlüssig, jedoch sei es bei der Interpretation der Daten unerlässlich, die ärztedemographische Zusammensetzung, die Ärztedichte, das Arbeitspensum sowie das ärztliche Tätigkeitsfeld mitzuberücksichtigen (vgl. Esther Kraft/Renato Laffranchi, Einkommen der frei praktizierenden Ärzteschaft: Validierung der Resultate, in: Schweizerische Ärztezeitung, 2012, S. 1376 ff., 1379). Daraus folgt, dass an der Geeignetheit der Studie von vornherein Zweifel angebracht sind. Zum einen handelt es sich bei den Dres. C.______ und D.______ nämlich um unselbständig Erwerbstätige, zum anderen stellt die FMH-Studie ausschliesslich eine Approximation an die vorliegend interessierenden Verhältnisse dar. Nicht stichhaltig ist demgegenüber die Rüge der Beschwerdeführerin, die Studie weise bei der Aufteilung nach Hauptfachgebieten eine nicht repräsentative Datenmenge auf. Dies mag wohl auf einzelne Hauptspezialfachgebiete zutreffen. Hinsichtlich der Allgemeinmedizin sowie der Inneren Medizin hat die Studie mit 2409 bzw. 1182 einbezogenen Einkommen aber eine beachtliche Datenmenge, was aber nichts daran ändert, dass insgesamt nicht ohne Weiteres auf die in der Studie enthaltenen Löhne abgestellt werden kann.

 

5.3 Die Beschwerdeführerin will den branchenüblichen Lohn demgegenüber gestützt auf den Lohnrechner des Bundesamts für Statistik (Salarium) ermittelt haben. Dieser ermöglicht die statistische Eruierung eines monatlichen durchschnittlichen Bruttolohns für eine nach bestimmten Parametern definierte Tätigkeit und nach bestimmten Parametern bestimmte Mitarbeiter (vgl. Ruth Blocher-Riemer, Massgebender Lohn oder sozialabgabefreie Dividende, Expert Focus 2017/3). Die Parameter sind Region, Branche, Berufsgruppe, Stellung im Betrieb, Wochenstunden, Ausbildung, Alter, Dienstjahre, Unternehmensgrösse, die Auszahlung eines allfälligen 13. Monatslohns, Sonderzahlungen sowie die Auszahlung mittels Monats- oder Stundenlohn. Das Bundesgericht hielt zum Salarium fest, dass nicht unbesehen auf einen solchen statistisch festgesetzten, schematischen Wert abgestellt werden dürfe. Er könne zwar als Basis für eine Einzelfallprüfung dienen, das Resultat sei aber regelmässig mit marktkonformen Erfahrungswerten zusätzlich zu plausibilisieren (BGE 141 V 634 E. 3.2.2). Der mittels dieses Lohnrechners ermittelte Durchschnittslohn gibt somit nur einen Anhaltspunkt für den branchen- bzw. betriebsüblichen Lohn, wobei sich der Lohnvorschlag letztlich immer am Einzelfall des konkreten Betriebs messen lassen und sich der Unternehmer bei der Bemessung seiner Bezüge von unternehmerischen und konkreten Gegebenheiten leiten lassen muss (vgl. dazu: Orlando Rabaglio, Dividende statt Lohn: Ist die AHV-Verwaltungspraxis noch rechtmässig?, in TREX 2015/2, S. 104). Gegen die direkte Übernahme der Lohndaten spricht zudem auch, dass das Salarium vom Bundesamt für Statistik explizit nicht als Lohnempfehlung qualifiziert wurde. Sodann erweisen sich einzelne Parameter des Lohnrechners für die vorliegend Belange als ungeeignet. Beispielsweise umfasst der Parameter "Region" die gesamte Ostschweiz, weshalb auf die Eigenheiten des Kantons Glarus zu wenig Bezug genommen wird. Des Weiteren kann beim Parameter "Branche" auf den vorliegenden Sachverhalt bezogen nur das gesamte Gesundheitswesen gewählt werden, was einem sehr weit gefassten Berufszweig entspricht. Ferner ist für einen Arzt die Berufsgruppe "Akademische und verwandte Gesundheitsberufe" zu wählen. Diese erfasst aber gleichzeitig auch Physiotherapeuten, Apotheker, Assistenzärzte, Pflegefachpersonen, Drogisten, Tierärzte, Ergotherapeuten oder Geburtshelfer und folglich auch Personen, welche regelmässig niedrigere Einkommen als Ärzte haben. Schliesslich wären die Dres. C.______ und D.______ beim Parameter "Stellung im Betrieb" im obersten Kader einzuteilen. Das Salarium fasst jedoch das oberste Kader mit dem mittleren Kader zusammen, wodurch das Resultat willkürlich anmutet. Mit Blick auf den vorliegenden Sachverhalt erscheint das Salarium somit nicht als geeignete Grundlage für die Bemessung eines branchenüblichen Lohns.

 

5.4 Die Beschwerdegegnerin verwies in ihren Nachtragsverfügungen vom 29. Dezember 2014 auf die von den Dres. C.______ und D.______ in den Jahren 2003 bis 2007 in selbständiger Erwerbstätigkeit erzielten Jahreslöhne. Sie brachte dazu vor, dass sich an den tatsächlichen Verhältnissen hinsichtlich der massgebenden Lohnhöhe nach der Gründung der Aktiengesellschaft bis auf die Änderung der Rechtsform nichts geändert habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass das unternehmerische Risiko als Selbständigerwerbender offensichtlich eine anderes ist, als dasjenige eines Arbeitnehmers. Während Letzteres mittels Einkommen entlöhnt wird, kommt Ersteres nur dem Inhaber von Beteiligungsrechten per Dividende zu. Daraus folgt, dass die Löhne von Selbständigerwerbenden zumeist von denjenigen der Unselbständigerwerbenden abweichen.

 

Im vorliegenden Fall beliefen sich die Löhne der Dres. C.______ und D.______ in den Jahren 2003 bis 2007 auf Fr. […] bis Fr. […]. In den streitbetroffenen Beitragsjahren 2009 und 2010 wurden Letztere nur noch mit Fr. […] bis Fr. […] entlöhnt. Damit betrugen die Löhne aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit gegenüber denjenigen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit noch etwa 27,8 bis 43,5 %, womit eine erhebliche Diskrepanz besteht. Diese lässt sich wie oben dargelegt zwar teilweise mit dem unternehmerischen Risiko erklären. Jedoch ist eine derart massive Abweichung zwischen Arbeitsleistung und Lohn als Indiz dafür zu werten, dass die Löhne zu Gunsten einer überhöhten Dividende niedrig gehalten wurden. Allerdings bedarf es zur Ermittlung von branchenüblichen Löhnen, welche dem vorliegenden Einzelfall gerecht werden, weiterer Daten und es ist nicht ohne Weiteres auf die in selbstständiger Erwerbstätigkeit erzielten Löhne abzustellen.

 

5.5

5.5.1 Vorliegend bietet es sich an, einen Vergleich mit den Löhnen anderer Mitarbeiter der Beschwerdeführerin anzustellen, wobei die niedrigen Einkommen mangels Relevanz auszuklammern sind. Dabei sind insbesondere diejenigen von Dr. E.______ und von Dr. F.______ zu nennen. Ersterer war vom 1. September 2014 bis zum 30. November 2014 zu 100 % als Praxisassistent im vierten Ausbildungsjahr nach dem Staatsexamen angestellt und generierte mit dieser Tätigkeit gemäss Lohnausweis einen Bruttolohn in der Höhe von Fr. […], was einem Jahresbruttolohn von Fr. […] entspricht. Ab dem 1. Mai 2016 wurde er neu als Facharzt für […] für die Beschwerdeführerin tätig, übernahm die Praxisvertretung in einem Vollzeitpensum und erzielte dadurch 2016 ein Gehalt in der Höhe von Fr. […], was einen Jahresbruttolohn von Fr. […] ergibt. Dr. F.______, Fachärztin für […], war demgegenüber vom 1. August 2015 bis zum 30. Juni 2016 zu 50 % für die Beschwerdeführerin tätig und erwirtschaftete dabei auf 100 % aufgerechnete Jahresbruttolöhne in der Höhe von Fr. […] im Jahr 2015 bzw. Fr. […] im Jahr 2016.

 

5.5.2 Diesen Gehältern sind die Bruttolöhne der Dres. C.______ und D.______ gegenüberzustellen, wobei zu berücksichtigen ist, dass diese nicht in einem vollen Pensum für die Beschwerdeführerin tätig waren, wovon im Übrigen auch die Beschwerdegegnerin ausging. Letztere legte ihrer Berechnung (bei einem von der Beschwerdeführerin angegebenen Pensum von 80 - 90 %) nämlich je ein solches von 85 % zugrunde. Erst im vorliegenden Beschwerdeverfahren gibt die Beschwerdeführerin neu noch je ein Pensum von 75 % an. Da sie aber weder den Beginn der reduzierten Arbeitstätigkeit substantiiert darlegt noch die Korrektur der bereits früher geltend gemachten Arbeitspensen eingehend begründet, ist kein Abweichen von dem von der Beschwerdegegnerin angenommenen Mittelwert angezeigt. Folglich ist für Dr. D.______ 2009 von einem aufgerechneten Jahresbruttolohn in der Höhe von Fr. […] sowie 2010 von einem solchen von Fr. […] auszugehen, während bei Dr. C.______ in beiden Jahren von einem solchen von Fr. […] auszugehen ist.

 

5.5.3 Aus dem Vergleich der oben genannten Lohndaten ergibt sich, dass die Lohnkosten von Dr. F.______ im Verhältnis zu den Dres. C.______ und D.______ 2015 etwa gleich und 2016 höher waren. Zudem wurde Dr. F.______ zwar massgeblich weniger entlöhnt, dies allerdings in der Stellung eines Praxisassistenten. Kalkuliert man nun zusätzlich ein, dass die Dres. C.______ und D.______ sowohl als Arbeitnehmer für die Beschwerdeführerin tätig als auch mit deren Geschäftsführung betraut sind, so sind die an sie ausgerichteten Löhne ohne Weiteres als offensichtlich missbräuchlich bzw. nicht mehr als branchenüblich zu qualifizieren. Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass die Dres. C.______ und D.______ viel mehr Dienstjahre als Dr. E.______ und Dr. F.______ aufweisen, was sich ebenfalls lohnerhöhend auswirken müsste (vgl. dazu beispielsweise den Lohnrechner Salarium).

 

Damit erweisen sich die an die Dres. C.______ und D.______ in den streitbetroffenen Jahren ausbezahlten Löhne als missbräuchlich und nicht mehr im Rahmen der unternehmerischen Planungsfreiheit. Dies berechtigte die Beschwerdegegnerin grundsätzlich dazu, von der steuerrechtlichen Qualifikation abzuweichen und eine Aufrechnung vorzunehmen.

 

5.5.4 Für Dr. D.______ ging die Beschwerdegegnerin dabei von branchenüblichen Einkommen in der Höhe von Fr. […] (2009) bzw. von Fr. […] (2010) aus. Diese liegen nicht massgeblich über dem von Dr. F.______ für das Jahr 2016 aufgerechneten Einkommen. Bezieht man die Geschäftsführungstätigkeit von Dr. D.______ und seine Anzahl Dienstjahre mit ein, erscheinen die berücksichtigten Löhne zwar eher wohlwollend, zu Gunsten der Beschwerdeführerin ist aber nicht davon abzuweichen.

 

Demgegenüber wurden die Löhne für Dr. C.______ (Fr. […] im Jahr 2009 und Fr. […] im Jahr 2010) zu hoch bemessen. Zwar ist auch bei ihm zu berücksichtigen, dass er mit der Geschäftsführung betraut ist und bereits viele Dienstjahre aufweist. Allerdings erbringt er entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nicht nur Leistungen im Rahmen seines Spezialgebietes […]. Vielmehr ist den Akten zu entnehmen, dass nur etwa 30 % der erbrachten Leistungen in seinen fachärztlichen Bereich fallen und 70 % der Leistungen im […] Bereich anzusiedeln sind. Darüber hinaus legt die Beschwerdeführerin gestützt auf die Akten nachvollziehbar dar, dass die Dres. C.______ und D.______ sowohl 2007 als auch in den beiden streitbetroffenen Jahren trotz unterschiedlicher Fachgebiete beinahe gleich viel Umsatz bei gleichem Arbeitspensum generierten. Schliesslich weichen die von den Dres. C.______ und D.______ erzielten Löhne vor der Gründung der Aktiengesellschaft nicht massgeblich voneinander ab. Folglich ist bei den Dres. C.______ und D.______ – bis auf die unterschiedliche fachärztliche Ausbildung – von kongruenten Verhältnissen auszugehen, weshalb sie hinsichtlich der branchenüblichen Löhne nicht verschiedenartig zu behandeln sind. Demgemäss sind bei Dr. C.______ ebenfalls Einkommen in der Höhe von Fr. […] (2009) bzw. Fr. […] (2010) anzurechnen.

 

5.6 Zusammenfassend erweisen sich die an die Dres. C.______ und D.______ in den Jahren 2009 und 2010 ausbezahlten Löhne als offensichtlich missbräuchlich. Für Dr. D.______ rechnete die Beschwerdegegnerin unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu Recht branchenübliche Löhne in der Höhe von Fr. […] bzw. Fr. […] an. Dagegen wurden diejenigen von Dr. C.______ zu hoch gewählt. Zum einen erbringt er entgegen der Ansicht der Beschwerdegegnerin nämlich nur den kleineren Teil seiner Leistungen im Rahmen seines fachärztlichen Spezialgebiets, zum anderen ist den Akten zu entnehmen, dass er vor der Gründung der Aktiengesellschaft ähnlich hohe Einkommen wie Dr. D.______ bezog und 2007 sowie in den streitbetroffenen Jahren einen ähnlich hohen Umsatz generierte. Folglich sind ähnliche Verhältnisse wie bei Dr. D.______ anzunehmen und dieselben branchenüblichen Löhne anzurechnen, woran der unterschiedliche Facharzttitel nichts ändert. Demgemäss ist bei Dr. C.______ ebenfalls von branchenüblichen Löhnen von Fr. […] (2009) bzw. Fr. […] (2010) auszugehen. Dadurch müssten bei einem Pensum von 85 %, falls ausschliesslich auf die Differenz zwischen ausbezahlten und branchenüblichen Löhnen abzustellen wäre, für beide Ärzte je Fr. 32'800.- ([…]) für das Jahr 2009 sowie für das Jahr 2010 für Dr. D.______ Fr. 43'701.- ([…]) und für Dr. C.______ Fr. 34'500.- ([…]) aufgerechnet werden.

6.

6.1 Schliesslich muss für eine Aufrechnung aber auch das zweite Erfordernis, nämlich eine überhöhte Dividende, erfüllt sein (vgl. vorstehende E. II/3.3). Wie die Beschwerdegegnerin in ihrem Einspracheentscheid diesbezüglich richtig ausführt, ist die Aufrechnung für den einen Kapitalbetrag von 10 % übersteigenden Betrag zulässig, maximal aber bis zur Höhe eines branchenüblichen Lohns. Folglich ist die Differenz vom ausbezahlten zum branchenüblichen Lohn mit dem über 10 % liegenden Eigenkapitalertrag zu vergleichen und nur der tiefere Wert aufzurechnen.

 

6.2 Hinsichtlich des zweiten Erfordernisses bleibt zu Recht unbestritten, dass die zur Diskussion stehenden Kapitalrenditen im Verhältnis zum effektiven wirtschaftlichen Wert der Aktien in den Jahren 2009 und 2010 über 10 % lagen, was grundsätzlich für vermutungsweise überhöhte Dividenden spricht (vgl. zur 10%-Grenze: BGE 141 V 634 E. 3.3; WML, Rz. 2011.6). Zu Recht unbestritten erweist sich sodann auch die Berechnung der Beschwerdegegnerin, wonach die an die Dres. C.______ und D.______ ausbezahlten Dividenden 2009 um je Fr. 60'143.- und 2010 um je Fr. 23'257.- zu hoch waren.

 

Nach dem Gesagten sind für die Dres. C.______ und D.______ für das Jahr 2009 die Differenz zum branchenüblichen Lohn (je Fr. 32'800.-) und für 2010 die zu viel ausgerichteten Dividenden (je Fr. 23'257.-) aufzurechnen. Die gesamthaft vorzunehmende Aufrechnung der Beschwerdegegnerin ist somit von Fr. 139'457.- auf Fr. 112'114.- zu korrigieren.

 

Dies führt zur teilweisen Gutheissung der Beschwerde. Der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 29. Juli 2016 und deren Verfügungen vom 29. Dezember 2014 sind dahingehend abzuändern, als dass die gesamthaft vorzunehmende Aufrechnung auf Fr. 112'114.- festzusetzen ist.

 

III.

1.

Die Gerichtskosten sind von Gesetzes wegen auf die Staatskasse zu nehmen (Art. 1 Abs. 1 AHVG i.V.m. Art. 61 lit. a ATSG).

 

2.

Die Beschwerdeführerin hat nach Massgabe ihres teilweisen Obsiegens Anspruch auf eine reduzierte Parteientschädigung. Diese ist ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses zu bemessen (Art. 1 Abs. 1 AHVG i.V.m. Art. 61 lit. g ATSG). Die Beschwerdeführerin obsiegt zu knapp einem Fünftel, weshalb die Beschwerdegegnerin zu verpflichten ist, ihr eine Parteientschädigung von Fr. 600.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

Demgemäss erkennt die Kammer:

1.

Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 29. Juli 2016 und deren Verfügungen vom 29. Dezember 2014 werden dahingehend abgeändert, als dass die gesamthaft vorzunehmende Aufrechnung auf Fr. 112'114.- festgesetzt wird.

2.

Die Gerichtskosten werden auf die Staatskasse genommen.

3.

Die Beschwerdegegnerin wird verpflichtet, der Beschwerdeführerin innert 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Entscheids eine Parteientschädigung von Fr. 600.- (inkl. Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.

Schriftliche Eröffnung und Mitteilung an:

 

[…]