|
|
|
|
|
|
|
|
Urteil vom 26. Oktober 2017
|
|
|
II. Kammer
|
|
|
in Sachen
|
VG.2015.00059/VG.2016.00011
|
|
|
|
VG.2015.00059
|
|
|
|
|
|
|
|
gegen
|
|
|
|
|
|
|
Helsana Unfall AG
|
Beigeladene
|
|
|
|
|
und
|
|
|
|
VG.2016.00011
|
|
A.______
|
Beschwerdeführer
|
|
|
vertreten durch Rechtsanwältin B.______
|
|
|
|
|
gegen
|
|
|
|
Helsana Unfall AG
|
Beschwerdegegnerin
|
|
|
|
Vaudoise Allgemeine
Versicherungs-Gesellschaft AG
|
Beigeladene
|
|
|
|
betreffend
|
|
|
UVG-Leistungen
|
Die Kammer zieht in Erwägung:
|
I.
|
1.
|
Der im Jahr […] geborene
A.______ erlitt am 23. Januar 2004 einen Schlittelunfall. Am 12. März 2013
verunfallte er beim Skifahren. Im Zeitpunkt des ersten Unfalls war er bei der
Helsana Unfall AG (nachfolgend: Helsana), im Zeitpunkt des zweiten Unfalls
bei der Vaudoise Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend: Vaudoise)
obligatorisch unfallversichert.
|
|
2.
|
2.1 Die Vaudoise erbrachte nach dem zweiten Unfall
Versicherungsleistungen, ehe sie am 15. Dezember 2014 die Leistungen per 31.
Dezember 2013 einstellte. Dagegen erhob A.______ am 28. Januar 2015
Einsprache, welche die Vaudoise am 23. März 2015 abwies.
|
|
2.2 Dagegen gelangte A.______ mit Beschwerde vom 26. Mai
2015 (Verfahren VG.2015.00059) ans Verwaltungsgericht und beantragte, der
Einspracheentscheid sei aufzuheben. Die Vaudoise sei zu verpflichten, ihm die
gesetzlich geschuldeten Leistungen zu erbringen; insbesondere seien ihm
weiterhin Taggelder, eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung
auszurichten. Eventualiter sei eine unabhängige medizinische Begutachtung
durchzuführen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der
Vaudoise. Die Vaudoise schloss am 26. Mai 2015 auf Abweisung der Beschwerde.
In seiner Replik vom 26. August 2015 stellte A.______ den zusätzlichen
Antrag, dass die Helsana ins Verfahren beizuladen sei. Die Vaudoise hielt in
ihrer Duplik vom 29. September 2015 an ihrem Antrag auf Abweisung der Beschwerde
fest.
|
|
3.
|
3.1 Mittlerweile hatte die Helsana mit Verfügung vom 16.
Juni 2015 ebenfalls eine Leistungspflicht verneint, wogegen A.______ am 14.
August 2015 Einsprache erhob. Am 29. Oktober 2015 beantragte A.______ das
gegen die Vaudoise hängige Verfahren VG.2015.00059 bis zum Ergehen des
Einspracheentscheids der Helsana zu sistieren. Diesem Antrag leistete das
Verwaltungsgericht mit Präsidialverfügung vom 12. November 2015 Folge.
|
|
3.2 Die Helsana hiess die Einsprache von A.______ am 18.
Dezember 2015 teilweise gut, sprach ihm eine Integritätsentschädigung von
15 % zu und verneinte im Übrigen eine Leistungspflicht.
|
|
3.3 Dagegen erhob A.______ am 25. Januar 2016 Beschwerde
beim Verwaltungsgericht (Verfahren VG.2016.00011) und beantragte die
Aufhebung des Einspracheentscheids. Die Helsana sei zu verpflichten, ihm die
gesetzlich geschuldeten Leistungen zu erbringen; insbesondere sei ihm eine
Invalidenrente auszurichten. Das Verfahren sei mit dem Verfahren
VG.2015.00059 zu vereinigen. Eventualiter sei eine unabhängige medizinische
Begutachtung durchzuführen; alles unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu
Lasten der Helsana.
|
|
4.
|
4.1 Das Verwaltungsgericht nahm mit Präsidialverfügung
vom 27. Januar 2016 das Verfahren VG.2015.00059 wieder auf und vereinigte die
Verfahren VG.2015.00059 und VG.2016.00011. Gleichzeitig lud es die Helsana
ins Verfahren VG.2015.00059 und die Vaudoise ins Verfahren VG.2016.00011 bei.
|
|
4.2 Die Helsana beantragte am 25. Februar 2016 die
Abweisung der Beschwerde VG.2016.00011; unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen zu Lasten von A.______. In seiner Stellungnahme vom 12.
Mai 2016 hielt A.______ an seinen Anträgen fest. Die Helsana schloss in ihrer
Stellungnahme vom 10. Juni 2016 erneut auf Abweisung der Beschwerde.
|
|
4.3 Das Verwaltungsgericht teilte den Parteien am 25.
August 2016 mit, dass es die Einholung eines Gutachtens bei der MEDAS
Zentralschweiz als erforderlich erachte. Die Helsana nahm am 2. und 7.
September 2016, die Vaudoise am 7. September 2016 und A.______ am 14.
September zur geplanten Begutachtung Stellung. Das Gutachten wurde dem
Verwaltungsgericht am 9. Mai 2017 erstattet. Die Vaudoise und die Helsana
äusserten sich dazu bereits am 6. Juni 2017, obwohl erst A.______ Frist zur
Stellungnahme angesetzt worden war. Dieser nahm am 7. Juli 2017 zum Gutachten
Stellung. Dabei ging er davon aus, dass ihm seitens der Helsana eine Invalidenrente
zustehe. Ferner stellte er den zusätzlichen Antrag, dass ihm zu Lasten der
Helsana eine Integritätsentschädigung von 20 % zuzusprechen sei. In
ihrem Schreiben vom 31. August 2017 bzw. 8. September 2017 nahmen
die Vaudoise (nachfolgend: Beschwerdegegnerin 1) und die Helsana
(nachfolgend: Beschwerdegegnerin 2) nicht mehr eingehend zum Gutachten
Stellung. Letztere wies aber darauf hin, dass sie an der
Integritätsentschädigung von 15 % festhalte.
|
II.
|
1.
|
Das Verwaltungsgericht ist
gemäss Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung vom
20. März 1981 (Unfallversicherungsgesetz, UVG) i.V.m. Art. 56 ff.
des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts
(ATSG) sowie Art. 1 des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung
vom 3. Mai 2009 (EG UVG) zur Behandlung der vorliegenden Beschwerden
zuständig. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf
die Beschwerden einzutreten.
|
|
2.
|
2.1 Soweit das Unfallversicherungsgesetz nichts anderes
bestimmt, werden die Versicherungsleistungen bei Berufsunfällen,
Nichtberufsunfällen und Berufskrankheiten gewährt (Art. 6 Abs. 1 UVG). Als
Unfall gilt nach Art. 4 ATSG die plötzliche, nicht beabsichtigte schädigende
Einwirkung eines ungewöhnlichen äusseren Faktors auf den menschlichen Körper,
die eine Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder psychischen
Gesundheit oder den Tod zur Folge hat.
|
|
2.2 Nach Art. 10 Abs. 1 UVG hat die versicherte Person
Anspruch auf die zweckmässige Behandlung der Unfallfolgen. Ist die
versicherte Person infolge des Unfalls voll oder teilweise arbeitsunfähig
(Art. 6 ATSG), so hat sie gemäss Art. 16 Abs. 1 UVG Anspruch auf
ein Taggeld. Wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine
namhafte Besserung des Gesundheitszustands mehr erwartet werden kann und
allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen
sind, besteht bei einem Invaliditätsgrad von mindestens 10 % Anspruch
auf eine Invalidenrente (Art. 18 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 1 UVG). Mit dem
Rentenbeginn fallen die Heilbehandlung und die Taggeldleistungen dahin (Art. 19
Abs. 1 UVG).
|
|
2.3 Invalidität ist die voraussichtlich bleibende oder
längere Zeit dauernde ganze oder teilweise Erwerbsunfähigkeit (Art. 8 Abs. 1
ATSG). Erwerbsunfähigkeit ist der durch Beeinträchtigung der körperlichen,
geistigen oder psychischen Gesundheit verursachte und nach zumutbarer
Behandlung und Eingliederung verbleibende ganze oder teilweise Verlust der
Erwerbsmöglichkeiten auf dem in Betracht kommenden ausgeglichenen
Arbeitsmarkt (Art. 7 Abs. 1 ATSG).
|
|
2.4 Nach Art. 24 Abs. 1 UVG hat die versicherte Person
Anspruch auf eine angemessene Integritätsentschädigung, wenn sie durch den
Unfall eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen, geistigen oder
psychischen Integrität erleidet.
|
|
3.
|
3.1 Es ist Aufgabe des Arztes, sämtliche Auswirkungen
einer Krankheit oder eines Unfalls auf den Gesundheitszustand der
versicherten Person zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, bezüglich
welcher konkreten Tätigkeiten und in welchem Umfang sie arbeitsunfähig ist.
Die ärztlichen Auskünfte bilden sodann eine wichtige Grundlage für die
Beurteilung der Frage, welche Arbeitsleistungen der versicherten Person im Hinblick
auf ihre persönlichen Verhältnisse noch zugemutet werden können (BGE 125 V 256
E. 4).
|
|
3.2 Nach dem für das gesamte Verwaltungs- und
Verwaltungsgerichtsbeschwerdeverfahren geltenden Grundsatz der freien
Beweiswürdigung haben Versicherungsträger und Sozialversicherungsrichter die
Beweise frei, d.h. ohne Bindung an förmliche Beweisregeln, sowie umfassend
und pflichtgemäss zu würdigen. Für das Beschwerdeverfahren bedeutet dies,
dass das Gericht alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen,
objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden hat, ob die verfügbaren
Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des strittigen Rechtsanspruchs gestatten.
Insbesondere darf es bei einander widersprechenden medizinischen Berichten
den Prozess nicht erledigen, ohne das gesamte Beweismaterial zu würdigen und
die Gründe anzugeben, warum es auf die eine und nicht auf die andere
medizinische These abstellt. Hinsichtlich des Beweiswerts eines ärztlichen
Gutachtens ist entscheidend, ob es für die Beantwortung der gestellten Fragen
umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, die geklagten Beschwerden
berücksichtigt und sich mit diesen sowie dem Verhalten der untersuchten
Person auseinandersetzt, in Kenntnis der und gegebenenfalls in
Auseinandersetzung mit den Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, ob es in
der Darlegung der medizinischen Zustände und Zusammenhänge einleuchtet, ob
die Schlussfolgerungen des medizinischen Experten in einer Weise begründet
sind, dass die rechtsanwendende Person sie prüfend nachvollziehen kann, sowie
ob der Experte nicht auszuräumende Unsicherheiten und Unklarheiten, welche
ihm die Beantwortung der Fragen erschweren, gegebenenfalls deutlich macht. Ausschlaggebend
für den Beweiswert ist grundsätzlich somit weder die Herkunft eines
Beweismittels noch die Bezeichnung der eingereichten oder in Auftrag
gegebenen Stellungnahme als Bericht oder Gutachten, sondern dessen Inhalt
(BGE 125 V 351 E. 3a).
|
|
3.3 Weil die Beschwerdegegnerinnen in beweisrechtlicher
Hinsicht zur Objektivität verpflichtete gesetzesvollziehende Organe sind,
kann auch den Berichten und Gutachten versicherungsinterner Ärzte Beweiswert
beigemessen werden, sofern sie als schlüssig erscheinen, nachvollziehbar
begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine Indizien gegen ihre
Zuverlässigkeit bestehen. Bestehen aber auch nur geringe Zweifel an der
Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen
Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135 V 465 E.
4.4).
|
|
3.4 Im Sozialversicherungsrecht hat der Richter seinen
Entscheid – sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes vorsieht – nach dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen. Die blosse
Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den Beweisanforderungen
nicht. Der Richter hat vielmehr jener Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die
er von allen möglichen Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigt
(BGE 119 V 7 E. 3c/aa).
|
|
4.
|
4.1 Die Beschwerdegegnerin 1 stützte sich bei ihrem
Einspracheentscheid auf die Berichte ihres Vertrauensarztes, Dr. C.______,
orthopädische Chirurgie FMH, des Operateurs Dr. D.______, Leitender Arzt der
Chirurgischen Klinik am Spital E.______, und des Hausarztes des
Beschwerdeführers, Dr. F.______, Allgemeinmedizin FMH. Dabei beliess sie es
im Wesentlichen bei der Feststellung, dass die Folgen des Skiunfalls
ausgeheilt seien. Die Beschwerdegegnerin 2 folgte im Wesentlichen den
Berichten ihres Vertrauensarztes, Prof. Dr. G.______, Facharzt für
Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates FMH.
|
|
4.2 Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer seit dem
Unfall vom 23. Januar 2004 an einer Fussheberparese leidet und beim
Unfall vom 12. März 2013 eine Unterschenkelfraktur erlitt. Die beiden
Einspracheentscheide betrachteten jedoch im Wesentlichen isoliert den
jeweiligen sie betreffenden Unfall. Da indessen eine komplexe medizinische
Situation vorlag und da aufgrund der durch den Beschwerdeführer eingereichten
Berichte von Dr. H.______, Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie, zumindest
näher zu prüfen war, ob die Unfallereignisse Wechselwirkungen mit Auswirkung
auf die Arbeitsfähigkeit zeitigten, sah sich das Verwaltungsgericht dazu veranlasst,
bei der MEDAS Zentralschweiz ein Gutachten in Auftrag zu geben. Dies wurde
durch die Beschwerdegegnerin 2 begrüsst, während die Beschwerdegegnerin 1
die Einholung eines Gutachtens als nicht notwendig erachtete. Da neben den
unfallversicherungsrechtlichen Verfahren auch ein invalidenversicherungsrechtliches
Verfahren beim Verwaltungsgericht hängig war, wurde ein polydisziplinäres
Gutachten (Orthopädie, Neurologie, Gastroenterologie und Psychiatrie) in
Auftrag gegeben, bei welchem nicht nur unfallversicherungsrechtlich relevante
Fragen gestellt wurden.
|
|
4.3
|
4.3.1 Der Beschwerdeführer macht in seiner Stellungnahme
zum Gutachten geltend, es gehe aus dem Gutachten nicht klar hervor, ob ihm
die angestammte Tätigkeit aus neurologischer Sicht in einem Pensum von
50 % oder in einem solchen von 100 % zumutbar sei. Selbst wenn man
aber von einer zumutbaren Arbeitsfähigkeit in einem vollen Pensum ausginge,
würde das nicht automatisch bedeuten, er könnte seine Tätigkeit wieder
vollumfänglich ausüben. Eine Steigerung des Pensums würde nämlich daran
scheitern, dass dann wieder vermehrt Kundenbesuche mit zusätzlichen längeren
Gehstrecken aufgrund des geographischen Einzugsgebiets notwendig würden.
Damit stehe ihm ohne Weiteres eine Invalidenrente zu.
|
|
4.3.2 Die Beschwerdegegnerinnen gehen im Wesentlichen
davon aus, dass sich aufgrund des Gutachtens keine Leistungspflicht begründen
lasse.
|
|
5.
|
5.1
|
5.1.1 Das Gutachten der MEDAS wurde am 9. Mai 2017
erstattet. Dr. I.______, Neurologie FMH, führte im neurologischen
Teilgutachten aus, von neurologischer Seite her könnten die aktuellen
klinischen Befunde, wie sie vom Neurologen Prof. Dr. J.______ im
Jahr 2015 beschrieben worden seien, im Rahmen einer radikulären schweren motorischen
Ausfallsymptomatik L5 links mit der schweren Fussheberparese und leichter
Beckeninstabilität aufgrund der Glutaeus medius-Schwäche links nachvollzogen
werden. Aktuell werde, anders als in der Untersuchung im Jahr 2015, eine
Sensibilitätsstörung des lateralen Unterschenkels und des ganzen Fusses links
angegeben. Bezüglich der Fussheberparese würden sich gemäss Angaben des
Beschwerdeführers keine relevanten Veränderungen zeigen. Bei der aktuellen
50%igen Tätigkeit seien offenbar aufgrund des kleineren Gebiets, das dem Beschwerdeführer
zugeteilt sei, Kundenbesuche mit notwendigen längeren Gehstrecken nicht mehr
nötig. Entsprechend sei die aktuelle Tätigkeit als Aussendienstmitarbeiter
aus neurologischer Sicht vollumfänglich zumutbar. Eine verminderte
Leistungsfähigkeit bestehe aus neurologischer Sicht nicht. Gehstrecken über
300 Meter seien jedoch nicht mehr zumutbar.
|
|
5.1.2 Dr. K.______, Facharzt Orthopädische Chirurgie
und Traumatologie FMH, erstattete das orthopädisch-traumatologische
Teilgutachten. Bei der aktuellen orthopädischen Untersuchung vom 23. Dezember
2016 finde man eine Fussheberschwäche links und eine leicht eingeschränkte
Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks rechts. Die leichte Umfangsdifferenz
am Unter- und Oberschenkel zu Ungunsten links sei durch die jahrelang
bestehende linksseitige Fussheberparese erklärt. Die Röntgenbilder hätten
keine Arthrosen gezeigt. Ein ungelöstes Problem sei die schlecht sitzende
Heidelbergfeder, die nicht getragen werden könne. Das Gutachten von
Dr. H.______ überzeuge nicht. Verschiedene Aussagen seien nicht
nachvollziehbar. So gehörten die Beurteilung der Konzentrationsfähigkeit und
einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht in den fachlichen Kompetenzbereich
des Unfallchirurgen. Die Diagnose einer OSG-Arthrose sei nach den seit Jahren
anerkannten Kriterien des Kellgren-Lawrence-Scores nicht haltbar. Im
angestammten Beruf als Aussendienstmitarbeiter einer Versicherung seien dem
Beschwerdeführer aus orthopädisch-traumatologischer Sicht sitzende
Tätigkeiten im Büro oder im Homeoffice-Modus in vollem zeitlichen Umfang
möglich. Dabei bestehe aus orthopädisch-traumatologischer Sicht keine leistungsmässige
Einschränkung, auch die Reisetätigkeit im Aussendienst sei nicht eingeschränkt.
Folgende Tätigkeiten seien dem Beschwerdeführer aus
orthopädischer-traumalogischer Sicht zumutbar: Sitzende Tätigkeiten, gehende
Tätigkeiten auf ebenem Gelände, stehende Tätigkeiten, Treppen steigen. Nicht
zumutbar seien Tätigkeiten mit Gehen in unebenem Gelände, auf Leitern,
Gestellen und Gerüsten sowie das Tragen von Lasten über 15 kg.
|
|
5.1.3 Dr. L.______, Chefarzt am Spital M.______,
attestierte dem Beschwerdeführer aus gastroenterologischer Sicht in der
angestammten Tätigkeit eine Arbeitsunfähigkeit von 50 % und in einer
angepassten Tätigkeit von 20-30 %. Dies begründete er damit, dass der
Beschwerdeführer aufgrund seiner Colitis ulcerosa an Stuhlunregelmässigkeiten
leide, was namentlich zufolge unterbrochenen Schlafs wegen nächtlicher Stuhlgänge
die Leistungsfähigkeit vermindere.
|
|
5.1.4 Im psychiatrischen Teilgutachten konnte
Dr. N.______, Psychiatrie und Psychotherapie FMH, keine Diagnosen mit
Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit stellen. Für die Schlafstörungen und
die vermehrte Müdigkeit bestünden somatische Gründe. Der Beschwerdeführer
verfüge über Persönlichkeitszüge und Copingmuster, die günstig seien. Die
Ressourcen würden die Risiken und Belastungen überwiegen.
|
|
5.1.5 In der zusammenfassenden Beurteilung stellten die
Gutachter folgende Diagnosen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit:
Pancolitis ulcerosa diagnostiziert 1985; Status nach Hemikolektomie links
unter en-block-Resektion von Bauchdeckeninfiltration und Bauchdecken-Abszess
linker Unterbrauch, Dünndarmsegmentresektion und Gelegenheits-Appendektomie
vom 1. Februar 2005 wegen Adenokarzinom des Sigmas pT4pN0G3; Fallfuss
und Hypästhesie links, entsprechend einem sensomotorischen radikulären
Ausfallsyndrom L5 links, diskret S1 links nach Schlittelunfall vom
23. Januar 2004 mit vermutlicher Wurzelläsion L5 links; leicht eingeschränkte
OSG-Beweglichkeit rechts nach distaler intraartikulärer Unterschenkelfraktur
rechts am 12. März 2013 mit Osteosynthese am 18. März 2013. In der
angestammten Tätigkeit als [...] sei von einer Arbeitsfähigkeit von höchstens
50 % auszugehen, wobei Gehstrecken über 300 Meter nicht mehr
zumutbar seien. In einer angepassten Tätigkeit betrage die Arbeitsfähigkeit
70 bis 80 %. Es sei ein niederschwelliger Toilettenbesuch zu gewährleisten.
Körperliche Schwerarbeiten, Tätigkeiten mit Gehen in unebenem Gelände, auf
Leitern, Gestellen und Gerüsten sowie das Tragen von Lasten über 15 kg
seien nicht mehr zumutbar.
|
|
5.2 Es ist unbestritten, dass die Folgen der
Darmerkrankung des Beschwerdeführers aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht
nicht relevant sind. Massgebend sind die neurologische und die orthopädische
Beurteilung. Diese sind schlüssig und nachvollziehbar. In beiden
Teilgutachten wird festgestellt, dass die Fussheberparese im Vordergrund
stehe, diese aber nur insofern Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers
habe, als diesem Gehstrecken über 300 Meter, Gehen in unebenem Gelände,
auf Leitern, Gestellen und Gerüsten sowie das Tragen von Lasten über
15 kg nicht mehr zumutbar seien.
|
|
Dies steht im Einklang mit
der Beurteilung von Dr. D.______, welcher am 12. Juni 2014 von
einem erfreulichen Verlauf nach Versorgung einer komplexen Unterschenkelverletzung
bei mittlerweile beschwerdefreiem Patienten berichtete. Der Beschwerdeführer
sei wieder zu 100 % arbeitsfähig. Der Fall werde beim Spital E.______ abgeschlossen.
|
|
Soweit der vom
Beschwerdeführer mit einem Gutachten beauftragte Dr. H.______ am 7. Juli
2015 davon ausging, der Beschwerdeführer sei jetzt und auf Dauer in seiner
aktuellen Berufssituation maximal zu 50 % arbeitsfähig und am
17. August 2015 ergänzte, dass die Beurteilung auch für sämtliche
angepassten Tätigkeiten gelte, weist Dr. K.______ zutreffend darauf hin,
dass dies nicht zu überzeugen vermöge. So äussert sich Dr. H.______ bei
der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit auch zur Colitis ulcerosa und führt eine
posttraumatische Belastungsstörung und eine Konzentrationsschwäche an. Dazu
ist er als Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie nicht kompetent. Sodann
zeigt Dr. K.______ auf, dass die Diagnose einer OSG-Arthrose nicht
haltbar sei. Insgesamt vermögen die Berichte von Dr. H.______ keine
Zweifel am neurologischen und am orthopädischen Teilgutachten zu wecken,
welche überdies in Einklang mit den Aussagen des behandelnden Chirurgen
stehen.
|
|
5.3 Auch der Beschwerdeführer selbst wendet sich nicht
gegen das neurologische und das orthopädische Teilgutachten. Aus seiner Sicht
ist indessen unklar, ob die Neurologin die angestammte Tätigkeit mit einem
Pensum von 50 % oder mit einem solchen von 100 % zumutbar erachtet.
Dieser Einwand des Beschwerdeführers ist trotz allfälliger sprachlicher
Ungenauigkeiten nicht nachvollziehbar. Aus dem Gutachten geht nämlich
deutlich hervor, dass Dr. I.______ von einer minimalen Einschränkung für
die Tätigkeit als […] ausgeht. Einzig längere Fussmärsche (von über
300 Metern) seien ihm nicht mehr zumutbar (vgl. Beantwortung der Fragen
4.5 und 4.6.1 im neurologischen Teilgutachten). Dies entspricht auch den
Aussagen im Gesamtgutachten. Damit ist davon auszugehen, dass dem
Beschwerdeführer die angestammte Arbeitstätigkeit als Aussendienstmitarbeiter
aus unfallversicherungsrechtlicher Sicht in einem vollen Pensum zumutbar ist,
sofern der Fussweg vom Auto bis zum Kunden nicht mehr als 300 Meter
beträgt. Nicht ins Gewicht fallen dabei die im orthopädischen Gutachten
festgestellten Einschränkungen, da diese keine Auswirkungen auf die
angestammte Tätigkeiten zeitigen.
|
|
5.4 Soweit der Beschwerdeführer nun aufgrund der
Restriktionen bei der Gehstrecke davon ausgeht, er sei aus rein
unfallversicherungsrechtlicher Sicht in der angestammten Tätigkeit nicht mehr
voll arbeitsfähig, ist ihm nicht zu folgen. Es ist gerichtsnotorisch, dass es
im Kanton Glarus – mit Ausnahme der autofreien Ortschaft Braunwald mit gut
300 Einwohnern – kaum mehr Haushalte gibt, die nicht bis auf eine Strecke von
300 Metern mit dem Auto erreicht werden können. Namentlich auch
abgelegenere Gebiete sind mittlerweile etwa durch Meliorationsstrassen
problemlos erreichbar. Daher ist nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine angestammte
Arbeitstätigkeit einzig deshalb nicht mehr vollumfänglich ausführen kann,
weil ihm Gehstrecken von mehr als 300 Metern nicht mehr zumutbar sind. Bei
einer vollen Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit stehen ihm aber
von vornherein – abgesehen von der Integrationsentschädigung (vgl. dazu E. II/6) – keine Leistungen der Unfallversicherung mehr
zu, wobei ihm namentlich keine Invalidenrente auszurichten ist.
|
|
6.
|
6.1 Zu prüfen bleibt die Höhe der
Integritätsentschädigung. Der Beschwerdeführer beantragt eine
Integritätsentschädigung von 20 %, während ihm die Beschwerdegegnerin 2
eine solche von 15 % zusprach, woran sie im vorliegenden Verfahren festhält.
|
|
6.2 Dr. I.______ schätzte die Integritätseinbusse
in Anlehnung der Vorgaben der Suva-Tabelle 2 auf 20 %, was im
Gesamtgutachten so übernommen wurde. Begründet wurde dies mit der
persistierenden Fussheberlähmung. Dr. H.______ ging in seinem Bericht
vom 10. Juli 2015 ebenfalls von einer Integritätsentschädigung von 20 %
aus, wobei er die Glutaeuslähmung und die Peronaeuslähmung je mit 10 %
bewertete. Prof. G.______ schätzte die Integritätsentschädigung am
12. Dezember 2015 hingegen auf lediglich 15 %.
|
|
6.3 Es ist unbestritten, dass dem Beschwerdeführer eine
Integritätsentschädigung nach Art. 24 Abs. 1 UVG zusteht. Gemäss Art. 36
Abs. 2 der Verordnung über die Unfallversicherung vom 20. Dezember 1982
(UVV) gelten für die Bemessung der Integritätsentschädigung die Richtlinien
gemäss Anhang 3 UVV. Aus diesen geht indessen nicht hervor, wie die
Integritätsentschädigung im vorliegenden Fall zu berechnen ist. Im Sinne der
Gleichbehandlung aller Versicherten rechtfertigt es sich, auf die Tabelle 2
der SUVA abzustellen, auch wenn diese für das Gericht nicht verbindlich ist
(BGE 113 V 218 E. 2b).
|
|
Danach ist bei einer
Glutaeuslähmung ebenso wie bei einer Peronaeuslähmung von einer
Integritätseinbusse von 10 % auszugehen (SUVA, Integritätsentschädigung
gemäss UVG, Tabelle 2 [Revision 2000], Integritätsschaden bei
Funktionsstörungen an den unteren Extremitäten). Die
Beschwerdegegnerin 2 begründete in ihrem Einspracheentscheid die
Bezifferung des Integritätsschadens unter Bezugnahme auf den Bericht ihres
Vertrauensarztes Prof. G.______. Dabei führte sie nachvollziehbar aus,
dass es nicht zu einer Totallähmung gekommen sei, da der Nervus glutaeus
superior auch Fasern der Nervenwurzel L4 bzw. S1 besitze. Bei einer
vollständigen Lähmung der abduktorisch wirkenden Muskeln, wäre im
Befundbericht des Neurozentrums Thalwil vom 29. Juni 2015 nicht von einer
"leichten Absinktendenz" gesprochen worden. Da es sich nur um eine
Teilschwäche handle, werde diesbezüglich unter dem Titel
"Glutaeuslähmung" die Integritätsentschädigung um 50 % auf
5 % gekürzt, was zusammen mit der Peronaeuslähmung eine
Integritätsentschädigung von 15 % ergebe.
|
|
Vorliegend hat die
Beschwerdegegnerin ihre Einschätzung des Integritätsschadens nachvollziehbar
begründet, während die neurologische Teilgutachterin ohne weitere Begründung
von einem Integritätsschaden von 20 % ausging. Dr. H.______ begründete
zwar seine Einschätzung. Er ging aber von einer vollständigen Glutaeuslähmung
aus, was durch Prof. G.______ schlüssig widerlegt wurde. Unter diesen Umständen
lag die Bezifferung des Integritätsschadens auf 15 % im Ermessen der
Beschwerdegegnerin 2, in welches das Verwaltungsgericht nicht ohne Not
eingreift.
|
|
Dies führt zur Abweisung
der Beschwerden.
|
|
III.
|
1.
|
Die Gerichtskosten sind
von Gesetzes wegen auf die Staatskasse zu nehmen (Art. 1 Abs. 1 UVG i.V.m.
Art. 61 lit. a ATSG). Ausgangsgemäss ist dem Beschwerdeführer keine
Parteientschädigung zuzusprechen. Eine solche steht aber auch den Beschwerdegegnerinnen
nicht zu, da nur die obsiegende beschwerdeführende Partei Anspruch auf Ersatz
der Parteikosten hat (Art. 1 Abs. 1 UVG i.V.m. Art. 61 lit. g ATSG).
|
|
2.
|
Das Verwaltungsgericht gab
bei der MEDAS Zentralschweiz ein Gutachten in Auftrag, da sich aus den Akten
nicht zuverlässig beurteilen liess, ob der Beschwerdeführer in seiner
Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist und welche Wechselwirkungen zwischen den
Unfallereignissen bestehen. Erst nach Eingang des Gutachtens war dem Verwaltungsgericht
eine zuverlässige Beurteilung der Beschwerden möglich. Demgemäss wären die
Gutachtenskosten von Fr. 17'123.95 grundsätzlich je zur Hälfte den Beschwerdegegnerinnen
aufzuerlegen (vgl. BGer-Urteil 8C_113/2017 vom 29. Juni 2017 E. 6.2.1).
Da im Gutachten aber im Hinblick auf das beim Verwaltungsgericht hängige invalidenversicherungsrechtliche
Verfahren VG.2015.00072 auch spezifisch invalidenversicherungsrechtliche
Fragen zu beantworten waren, was die Gutachtenskosten erhöhte, rechtfertigt
es sich, den Anteil der Beschwerdegegnerinnen auf je einen Viertel zu begrenzen.
|
Demgemäss erkennt die Kammer:
|
1.
|
Die
Beschwerden werden abgewiesen.
|
2.
|
Die
Gerichtskosten werden auf die Staatskasse genommen.
|
3.
|
Es
werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.
|
4.
|
Die
Beschwerdegegnerinnen werden verpflichtet, dem Verwaltungsgericht innert
30 Tagen nach Rechtskraft dieses Entscheids je Fr. 4'281.- als
Anteil der Kosten für das Gutachten der MEDAS Zentralschweiz zu bezahlen.
|
5.
|
Schriftliche
Eröffnung und Mitteilung an:
|
|
[…]
|
|